- Lieber Bruder, liebe Schwester, welcher „Muslim-Typ“ bist Du?
Assimiliert, integriert, Kultur-Muslim, liberal, liberal-konservativ, konservativ, säkular, traditionell, orthodox, Fundamentalist, Neo-Fundamentalist, Salafist, Islamist, Extremist, radikal, gemäßigt, rigoros, Modernist, Reformist, Purist, Djihâdist, Terrorist oder ein Mainstream-Muslim?
Bist Du ein Sunnit bzw. Hanafit, Mâlikit, Schâfiit, Hanbalit oder ein Schiit bzw. Zaidit, Ismâilit, Djafarit, ein Nusairi, Alevi, Sufi, Salafi, Wahhâbi, Akhabâshi, Khâridji oder von der Hizbu t-Tahrir?
Zu den im Qur´an beschriebenen fünf Menschentypen Mu´min, Fâsiq, Kâfir, Munâfiq und Muschrik mit ihren jeweiligen Attributen, durch die sie eben z. B. zu Mu´minûn, Kâfirûn etc. werden, sind im Laufe der Geschichte weitere hinzugekommen.
Lasse Dir eines sagen, bevor Du diese Selbstbezeichnungen oder Fremdzuschreibungen kritisierst oder bestätigst: Was immer Du auch bist: „Lâ ilâha illallâh!“
Um die Verwirrung aufzulösen, seien hier drei Kategorien genannt, zu denen wohl der eine oder andere von uns gehört, wobei es neben der Selbstwahrnehmung immer mehrere Fremdwahrnehmungen gibt: A) die Fremdwahrnehmung der anderen Muslime und b) die Fremdwahrnehmung der nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft.
Bist Du vielleicht Typ A, der seine Religion nur im Privaten praktiziert? In einer säkularen Gesellschaft wird Religion schließlich als Privatsache betrachtet. Solange man mit seiner Religiosität nicht in die Öffentlichkeit tritt, bietet man auch keine Reibungsfläche mit anderen. Man ist dann in jeder Gesellschaft gern gesehen. In unserer Gesellschaft leben sehr viele Muslime, die gar nicht als solche auffallen (wollen). Für diese steht schließlich das „Gleich-Sein-Wollen“ im Vordergrund. Das heißt, sie wollen nicht als anders auffallen und stellen auch deshalb keine Forderungen an die Gesellschaft.
In der Selbstwahrnehmung und der Fremdwahrnehmung durch die Mehrheitsgesellschaft sind sie vielleicht säkular, modern, liberal, integriert oder gemäßigt. In der Fremdwahrnehmung durch die anderen Muslime sind sie assimiliert oder sogenannte Kultur-Muslime. Für den einen oder anderen sind sie vielleicht noch nicht einmal Muslime.
Oder bist Du Typ B, der sich öffentlich und auch politisch engagiert? Einer, der Moscheen baut, der Halal-Fleisch, islamischen Religionsunterricht, einen Gebetsraum in der Schule, muslimische Gräberfelder usw. fordert. Für diesen Typen bedeutet das „Gleich-Sein-Wollen“ mit anderen, wie z.B. Christen und Juden, gleichberechtigt werden. Typ B betont aber auch das „Anders-Sein-Wollen“, denn seine Bedürfnisse unterscheiden sich von denen der anderen. Er ernährt und kleidet sich z.B. anders als Nichtmuslime.
In der Selbstwahrnehmung ist er traditionell, konservativ oder integriert. In der Fremdwahrnehmung der Mehrheitsgesellschaft ist er islamistisch. In der Fremdwahrnehmung durch Typ A ist er strenggläubig oder rückständig. In der Wahrnehmung durch Typ C ist er ein Sünder (arab. fâsiq). Er akzeptiert schließlich die Gesetze und fordert nur so viel Islam, wie der Staat es im Rahmen der Religionsfreiheit zulässt.
Typ C wiederum betont nur das „Anders-Sein-Wollen“. Er möchte eigentlich in einem islamischen Staat, unter muslimischer Regierung (z.B. unter einem Kalifen) und mit islamischer Gesetzgebung leben. Er akzeptiert nicht den politischen, rechtlichen und somit gesellschaftlichen Rahmen, der ihm vorgegeben wird bzw. lehnt er diesen ab.
In der Selbstwahrnehmung ist er der einzig wahre Vertreter der islamischen Lehre, fern von jeder Anpassung oder jedem Kompromiss. In der Fremdwahrnehmung ist er radikal, rigoros, fundamentalistisch bis hin zu militant. Er steht nicht für Integration, sondern für Segregation.
Fazit: In der Selbstwahrnehmung sind alle Muslime!
Typ A trifft vermutlich auf die Mehrheit der Muslime in Deutschland zu, Typ B auf die in Moschee-, Jugend- und Studentenvereinen aktiven Muslime und Typ C auf die jeweiligen ideologischen Gruppen, die zwar in der absoluten Minderheit sind, aber die größte mediale Aufmerksamkeit genießen. Wo immer Du auch Deinen Platz in der Zukunft einnimmst, versuche zu jenen zu gehören, die der Prophet (Friede sei mit ihm) als die besten Menschen beschreibt. Das sind nämlich jene, die den Menschen am Nützlichsten sind!