الأمر بالمعروف والنهي عن المنكر
Das Gebieten des Guten und das Verbieten des Verwerflichen (حسبة)
Ein ethischer Grundsatz des Korans
Dazu gibt es folgende drei Kategorisierungen mit je zwei verschiedenen Auslegungen:
1. Die Hisba-Verse („Al-amru bi-l-maʿrūf wa-n-nahy ʿani-l-munkar“) gehören zu den eindeutigen Versen oder zu den mehrdeutigen Versen.
2. Die Hisba ist Pflicht (für Ibn Hanbal und at-Tabarî ist ihre Umsetzung in der Gesellschaft religiöse Pflicht) oder eine Empfehlung (für Hasan al-Basri sie lediglich als freiwillige Leistung des Einzelnen).
3. Die Hisba gilt für jedes Individuum oder ist nur Aufgabe nur einer bestimmen Gruppe (der Gelehrten oder der Herrschaft. Der Kalif al-Ma’mûn (813–833) veranlasste nach seinem Einzug in Bagdad die Unterlassung dieses Grundsatzes zu proklamieren. Für den Rechtsgelehrten al-Mâwardî (972-1058) ist die Hisba eine religiöse Institution unter der Autorität der Regierung für die Wahrung der Ordnung nach den Gesetzen Gottes (vgl. Adab ad-dunyâ wa ‚d-dîn, S. 39), wohingegen der Exeget Ibn Kathir in der Exegese der Sure 22:41 den Kalifen ‚Umar ibn ‚Abdulazîz (680-720) mit den Worten zitiert: „Dies ist nicht nur Aufgabe der Regierenden, sondern auch Aufgabe jener, die regiert werden.“ Imâm Nawawî teilt in seiner Auslegung von Sahîh Muslim dieselbe Ansicht wie der Kalif ‚Umar ibn ‚Abdulazîz.
Al-Ghazzâlî (gest. 1111) erachtet diese Norm als Grundlage der Religion und der göttlichen Botschaft durch die Propheten; ohne sie würde Anarchie herrschen und die Menschen wären zum Untergang verurteilt. Allerdings sei sie nicht die Pflicht aller, sondern einer bestimmten Gruppe (vgl. Ihyâ ulûm ad-Dîn, Band 2, S. 269). Schließlich wüssten nur jene mit der Religion vertrauen, was gut und was verwerflich sei.
Ibn Khaldun beschreibt die Hisba und dessen Bedeutung in seiner Muqaddima (Band 1, S. 176) und sieht sie als Pflicht für alle, die in der Lage sind, sie zu erfüllen, und zwar zum Wohle der menschlichen Interessen.
Hisba als individuelle Pflicht
Diejenigen, die Hisba als Pflicht eines jedes Muslims sehen, also zu gebieten, was recht ist und zu verbieten, was verwerflich ist (al-amru bi-l-maʿrūf wa-n-nahy ʿani-l-munkar), tun dies in Anlehnung an die im Koran mehrfach geforderte Norm dazu (siehe Suren 7,157; 9,71; 9,112; 22,41).
In Sure 7, 157 werden alle, die dem Gesandten Gottes folgen, angesprochen.
In Sure 9,71 werden alle gläubigen Männer und Frauen, die Allah und seinem Gesandten gehorchen, angesprochen.
In Sure 9,112 werden erneut alle Gläubigen angesprochen.
In Sure 22,41 werden alle (betenden und Zakat) zahlenden Gläubigen angesprochen.
Hisba als Kollektivpflicht
Es gibt aber auch Verse, die von allgemeiner Natur sind: „Und aus euch soll eine Gemeinde werden, die zum Guten einlädt und das gebietet, was Rechtens ist, und das Unrecht verbietet; und diese sind die Erfolgreichen.“ (3:104)
„Ihr seid die beste Gemeinde, die für die Menschen entstand. Ihr gebietet das, was Rechtens ist, und ihr verbietet das Unrecht, und ihr glaubt an Allah. Und wenn die Leute der Schrift geglaubt hätten, wahrlich, es wäre gut für sie gewesen! Unter ihnen sind Gläubige, aber die Mehrzahl von ihnen sind Frevler“ (3:110)
Während die Verse 3,104 und 110, 7,157 sowie 22,41 in die frühe medinensische Periode fallen, fallen die Verse 9,71 und 9,112 in die späte medinensische Periode. Keine der Verse wäre demnach mekkanisch.
Die vielfältigen Auslegungen der zitierten Quellen oder auch die Koranverse, machen deutlich, dass die Aufforderung, das Gute zu gebieten und das Verwerfliche zu verbieten, nicht zu den eindeutigen Versen gehört, weil sie mal an jeden einzelnen gläubigen Mann und Frau gerichtet ist und mal an die gesamte Gemeinschaft der Gläubigen. Demnach dient die Hisba als ein allgemeiner Grundsatz ohne eindeutige Interpretation. Was jeweils das Gute und Verwerfliche ist, obliegt einem jeden selbst, der in der Lage ist, zwischen diesen grundsätzlich zu unterscheiden. Gemäß den verschiedenen Auslegungen der muslimischen Gelehrten, kann man davon ausgehen, dass diese – jeweils nach gesellschaftlicher Lage – die Verantwortung über die Hisba unterschiedlich gewichtet haben. Mal liegt sie nur beim Herrscher (um ihn besonders in die Pflicht zu nehmen), mal bei den Gelehrten (um sie besonders in die Pflicht zu nehmen) und mal bei allen Gläubigen, um sie nicht von ihrer Verantwortung, sich für das Gute und gegen das Schlechte einzusetzen, zu entbinden.
Auslegungen der hier zitierten Verse, die nicht religiös und wissenschaftlich, sondern ideologisch motiviert sind – wie etwa, die „Aufforderung zum Guten“ sei (eindeutig) die Aufforderung zur Gründung des islamischen Staates – und die somit die oben dargelegte Vielfalt der Meinungen beiseite wischen, wären demnach zu verwerfen.
Zusatz: Hisba wird abgeleitet von dem Verb „ḥasaba“ für „rechnen“, „anrechnen“, „zu Last schreiben“. Später wurde ein dem Qādī unterstellter Marktaufseher, der dafür sorgte, dass Kaufgeschäfte mit den Grundsätzen des islamischen Rechts übereinstimmen, als al-Muḥtasib bezeichnet. Er kontrolliert die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte. Das älteste erhaltene Werk, in dem dieses Amt in diesem Sinne beschrieben wird, stammt aus der Mitte des 9. Jahrhunderts und ist in Kairouan unter dem Titel Aḥkām al-sūq („Rechtsvorschriften des Marktes“) verfasst worden.
Quellen:
Al-Mawardi: Al-Ahkaam as-Sultaniyya, Kapitel 20, S. 315-339
Essid, Yassine (1995): Hisba and the Muhtasib, in: A Critique of Origins of Islamic Economics thougth, Leiden, S. 110-117
Ibn Khaldun (1993): Al-Muqaddima, Beirut, Band I, S. 176
Ibn Taimiya: Al-Hisba, in: Madjmu al-Fatawa, 28:127 ff.
Jonathan P. Berkey (2004): The muhtasibs of Cairo under the Mamluks. Toward an understanding of an islamic institution, in: The Mamluks in Egyptian and Syrian Politics and Society. Leiden, S. 245-276
Muhammad ibn Ahmad ibn al-Ukhuwwa (1976): Ma´aalim al-qurbaa fiy ahkaam al-hisba. Kairo