We could end poverty in just one day – Wenn wir wollten, könnten wir die Armut in der Welt an nur einem Tag beenden
oder
„Warum Länder wie die Türkei, keine Industriestaaten werden dürfen“
Auf der einen Seite die Flüchtlinge, auf der anderen Seite die Fluchtursachen.
Man könnte auch sagen: Auf der einen Seite die Symptome, auf der anderen Seite die Ursachen.
Die Erklärung „sie fliehen vor Krieg in ihren Ländern“ greift zu kurz.
Die Konflikte gehen nicht nur auf ein bestimmtes Jahr oder ein bestimmtes Ereignis zurück.
Stichwörter wie Kolonialismus, Rohstoffe, Erdöl, Ausbeutung, Waffenexport/Aufrüstung beschreiben die Ursachen besser, als über die Türkei, Griechenland oder ertrinkende Menschen im Mittelmeer zu berichten.
Man könnte das Ganze aber auch einfacher zusammenfassen und „Kapital/ismus“ sagen.
Das aber setzt ein Geschichtswissen voraus und die Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen.
Denn auch der Kapitalismus ist nicht nur eine bestimmte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, sondern hat seine eigene Geschichte. Wir leben z.B. in einem solchen Wirtschaftssystem. Uns geht es wirtschaftlich nicht so gut, weil wir so tolle Menschen sind, sondern weil es anderen so schlecht geht. Ihr Leid ist unser Glück. Denn würden wir wollen, dass es auch anderen so gut wie uns geht, dann müssten wir mit ihnen teilen. Und das Paradoxe daran ist, wir müssten mit ihnen nicht unsere Rohstoffe teilen, sondern ihre.
Laut World Food Report der UNO könnte die Weltlandwirtschaft problemlos 12 Milliarden Menschen ernähren. Unser Planet ist sehr reich. Das aber wissen auch die Kapitalisten.
Jean Ziegler, ehemals UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, erzählt in seinem Buch „Wir lassen sie verhungern – Die Massenvernichtung in der Dritten Welt“ über die „Waffen“ der Demokratie und wer die Halunken in den Konzernetagen und in den Präsidentenpalästen sind, die er besuchen musste.
Wären wir denn bereit, für 500g Kaffee 50,00 Euro zu bezahlen? Und das beträfe nicht nur „unseren“ Kaffee. Was wenn z.B. das Erdöl ihres wäre? Wie viel müssten wir dann für 1l Benzin zahlen? Könnten wir dann überhaupt noch Autos fahren oder mit dem Flugzeug fliegen?
Ein wenig Wirtschaftkenntnis (z.B. was „Terms of Trade“ sind) und ein wenig Gerechtigkeitssinn (das wäre z.B. mit Egoismus nicht zu vereinbaren) sollten eigentlich genügen, um zu verstehen, warum Menschen vor Kriegen fliehen und wozu Kriege überhaupt geführt werden.
Ich hatte vor mehr als 10 Jahren einen Dokumentarfilm über Armut in der Welt gesehen (leider kenne ich den Titel nicht mehr). Was verschiedene Wissenschaftler, unter anderem aus den USA, den Niederlanden usw. dort sagten, führte mir etwas sehr deutlich vor Augen. Einer der Wissenschaftler sagte nämlich: „Wenn wir wollten, könnten wir die Armut in der Welt an nur einem Tag beenden, aber wir wollen nicht!“
Ein weiterer Wissenschaftler sagte in etwa: „Sollte auch nur ein Staat drohen, eine Konkurrenz für uns Industriestaaten zu werden, dann würden wir das mit allen Mitteln verhindern, und sei es mit Krieg!“
D.h. unsere reichen Länder wollen nicht, dass andere Länder – und es ist egal, ob man den Iran, die Türkei oder irgend einen anderen Staat daran hindern will – zu Industriestaaten aufsteigen, damit man mit ihnen nicht um die Rohstoffe (allen voran Erdöl) konkurrieren muss.
Der Krieg in ihren Ländern erfüllt also einen doppelten Zweck: Erstens verdienen wir an den Waffenexporten und zweitens verhindern wir ihre Entwicklung und Stabilisation. Kriege sind für den sogenannten Westen also eine Win-Win-Situation. Solange der Status Quo (das Ungleichgewicht) aufrecht erhalten wird – wir haben Geld und Frieden und sie Armut und Krieg -, geht es uns gut.
Da machen uns nun die Flüchtlinge (egal ob Wirtschafts- oder Kriegsflüchtlinge) einen Strich durch die Rechnung, denn sie machen vor allem den reichen Europäern eines deutlich: Die Zeiten, wo wir uns unserer Verantwortung für die Ausbeutung und Kriege in ihren Ländern entziehen konnten, sind vorbei. Geld haben wir weiterhin in großen Mengen, aber dafür weniger Probleme als andere. Diese wiederum haben Probleme in großen Mengen, dafür aber wenig Geld. Daher sollen die Probleme ja auch in der Türkei bleiben und wir finanzieren sie.
In diesem Chaos ist des Rechtsruck in Europa, um sich abzuschotten und zu schützen (und sei es mit Gewalt) verständlich. Löst es das eigentliche Problem (Kapitalismus)? Nein! Es ist nur eine hilflose Reaktion auf die Symptome.
Es ist also kein linkes Problem, weshalb Rechts erstarkt und es ist kein rechtes Problem, so dass man sich den Linken anschließen müsste. Es ist auch kein religiöses Problem, so dass man den Islam verantwortlich machen kann und dann hätte man die Ursache gefunden. Ob links oder rechts, ob religiös oder nicht, wir alle haben ein gemeinsames Problem: Gier, Geiz, Egoismus, Verschwendung, Luxus, mit anderen Worten: Kapitalismus!
Genügsamkeit, Rücksicht, Hilfsbereitschaft, ohne zu gucken, ob die Hilfsbedürftigen links oder rechts, religiös oder areligiös sind, d.h. sozial sein oder einfach ausgedrückt, gütig sein, dass ist m.E. der Lösungsansatz. Sich nicht von den Reichen aufeinander hetzten lassen, sondern gemeinsam gegen diese vorgehen, dass müsste der Weg sein.
Stellen wir uns eine Demo vor, wo ein Muslim Arm in Arm mit einem Linken auf der rechten Seite und einem Rechten auf der linken Seite gegen das Wirtschaftssystem demonstriert und diese nicht Parolen gegen Links, Rechts oder Islam rufen, sondern gegen die eigentlichen Feinde des Friedens!
Zuletzt noch ein Witz, der das Ganze inschaAllah gut zusammenfasst: Sitzen ein Banker, ein Bildzeitungsleser und ein Flüchtling an einem Tisch mit 20 Keksen. Nimmt sich der Banker 19 Kekse und sagt dem Bildzeitungsleser: „Pass auf, der Flüchtling will dir deinen Keks nehmen!“