Mein kleines ABC rhetorischer Figuren
Beginnen wir mit ALLITERATION, um damit „klipp und klar“ zu machen, das wir den Stabreim beherrschen. Diese Beschreibung ist „kurz und knapp“. Nun folgen weitere Beispiele „kreuz und quer“ für rhetorische Figuren.
Der ANTIKLIMAX ist logischerweise das Gegenteil von KLIMAX (bitte nicht mit Kleenex verwechseln). Während man beim Klimax vom Bauernvolk über die Fürsten zum König gelangen kann, steigt man beim Antiklimax die Treppe wieder herunter z.B. vom Papst über die Kardinäle zu den Bischöfen.
Das die ANTITHESE als Figur der THESE entgegensteht, erklärt sich von alleine. Du findest diese Erklärung ungenügend, weil das Beispiel fehlt? Ich finde sie gut. Das wäre z.B. meine Antithese zu Deiner These.
Ach ja, das jedes OXYMORON eine Antithese ist, ist ja auch ein „offenes Geheimnis“. Mit anderen Worten, eine Zusammenstellung von Dingen, die sich ausschließen, wie ein in Deutschland geborener Ausländer.
Bei einer APOSTROPHE wirst Du liebe/r Leser/in zum Beobachter, da ich mich von Dir abwende und mich einem imaginären Objekt oder einem abwesenden Subjekt zuwende. Hörst Du? O Herr, mache die Tauben hörend!
Und unbemerkt haben wir unsere Figuren durch den „AUSRUF“ fortgesetzt. O Freunde! Wie ich doch für euch bete. Wer nicht betet, ist verloren!
Bleiben wir noch beim A und erklären den ANAKOLUTH, der eindeutig eine syntaktische Störung ist. Wer einen Meister des Anakoluth erleben will, möge Piet Klocke, na ihr wisst schon, oder nicht? Mit anderen Worten, der Anakoluth ist ein Ausstieg aus einer angefangenen Satzkonstruktion.
Die ANAPHER hingegen steht für Wortwiederholungen (ähnlich wie auch die Anadiplose oder die Epipher). Wer das Fremde hasst, der hasst, was ihm fremd ist.
Wenn wir sie schon erwähnt haben, erklären wir auch zugleich die ANADIPLOSE (als eine Sonderform der EPANALEPSE): Sich der Rhetorik bewusst zu werden, hilft auch das Meisterwerk aller Werke, den Koran (lies z.B. Sure 101 und 102), besser zu verstehen. Verstehen ist doch eine Voraussetzung zur Erkenntnis. Konzentrieren wir uns also auf das Wort „Verstehen“ in den vorherigen Sätzen, denn die Anadiplose ist die Wiederholung des letzten Satzes oder Wortes zu Beginn eines darauffolgenden Satzes.
Will man einen Dialog dynamisieren, dann kann man auch die mit dem Anakoluth verwandte APOSIOPESE verwenden. „Ich habe richtig Spaß dabei, euch diese Dinge – O Gott, kommt ihr eigentlich noch mit?“
Vergessen wir nicht den ANAPODOTON. Der ist zwar ein spezieller Fall des Anakoluths. Entweder kennt man das, aber lassen wir es (eigentlich müsste logischerweise nach dem „Entweder“ ein „oder“ kommen, aber dann wäre es ja kein Anapodoton mehr).
Ich will es nicht zu kompliziert machen, denn die EPANALEPSE („Wiederaufnahme“) ist mit Geminatio, Epizeuxis und Anadiplose verwandt. Das berühmteste Beispiel für Epanalepse wäre wohl (nach dem Evangelisten Markus) der Ausruf Jesu: „Mein Gott! Mein Gott! Warum hast Du mich verlassen?“
Als Ethiker liebe ich den EUPHEMISMUS, um unliebsame Wörter mit angenehmen Assoziationen zu vermitteln. Oder wie sagt man es freundlich, wenn jemand sein Geschäft erledigt? Er hat sich seiner Last entledigt? Man sagt ja auch nicht „ich habe gekotzt“, sondern „ich habe mich übergeben“, sofern man den Euphemismus beherrscht natürlich.
Und was ist HYPERBEL? Ich will ja nicht übertreiben (beim Hyperbel handelt ist sich nämlich darum), aber auf der Pilgerfahrt weinte ich auf dem Arafat-Hügel ein Meer aus Tränen. Übrigens, „Deine Mutter-“ oder „Chuck Norris-Witze“ fallen auch darunter, denn keine Mutter ist so korpulent, dass sie eine eigene Postleitzahl hat.
IRONIE wäre eine weitere Figur, sehr nah an Sarkasmus oder Zynismus, aber dennoch nicht identisch mit diesen. Wenn jemand einem Versager „das hast Du aber toll gemacht“ sagt, dann muss die Botschaft eindeutig sein, sonst wird der Ironiker missverstanden. (Der Sarkasmus hingegen soll den Empfänger klar verhöhnen sowie verspotten. Ein Zyniker ist, wer die Werte anderer Personen lächerlich macht, verletzt und verspottet. Zynismus ist eine Geisteshaltung, eine (schlechte) Charaktereigenschaft).
Ein KONZETTO soll zwei eigentlich disparate Wirklichkeitsbereiche in Form eines Vergleiches, einer Metapher, einer Allegorie oder eines Rätsels miteinander in Verbindung bringen, um aufgrund einer gesuchten Analogie eine besondere Überraschungswirkung zu erzielen. Es kann religiösen oder metaphysischen Tiefsinn zum Ausdruck bringen: „Wenn ich nicht mehr bin, dann weint nicht um den Käfig meines Vogels“ (Wenn ich gestorben bin, dann weint nicht um meinen vergänglichen Körper, aus dem sich meine Seele befreit hat).
Wer sich mit Satire befassen will, sollte unbedingt diese rhetorische Figur beherrschen!
Die LITOTES (mit Hyperbel und Ironie verwandt) bejaht etwas, indem sie es verneint bzw. bringt sie vom Gemeinten das Gegenteil zum Ausdruck oder schwächt das Gemeinte ab, um es zu verstärken (puh!). Beispiele wären:
Das ist kein dummer Gedanke (statt Das ist eine gute Idee).
Das ist nicht übel (für: Das ist sehr gut/lecker).
Die METAPHER kommt als sehr häufiges Stilmittel vor, ist aber nicht einfach zu erklären, da sie interpretiert werden muss. Wenn man z.B. jemandem das Herz bricht, dann ist weder „das Herz“ als Organ noch „brechen“ im physischen Sinne gemeint. Ich hoffe, ich konnte einigen von euch mit diesem Beispiel „die Augen öffnen“ und „euren Horizont erweitern“.
Eigentlich würde ich so gerne noch Metonymie, Onomatopöie, Paradoxon, Personifikation, Synekdoche, die rhetorische Frage und den Vergleich als Stilmittel erklären, aber mein Limit von 2 Seiten habe ich bereits überschritten. Ich möchte euch aber zur PARANOMAISE „Die Paronomasie als werbestilistisches Element – Zur gefühlten Inflation einer rhetorischen Figur“ von Thomas Hartung empfehlen (darin vor allem die Mono- oder bilinguale Homonymie).